Rebekka Maria Sadiki-Peckary
Die Angst vor dem Scheitern
Wer kennt ihn nicht? Diesen Schauer, der manchmal über unseren Rücken läuft und uns die Stirn in Falten legen lässt, der uns eine Zitrone nach der anderen ankündigt, der uns nach Salz rufen lässt... Der dritte Tequila, der uns aus dem Inneren dann entgegenbrüllt: Scheitern ist ein Synonym für kreative Lösungen. Lachend prostest du dem Schauer zu und vergisst für eine kleine schummrige Ewigkeit deine Angst, denn lallend meinst du nun zu dir selbst:
Angst vor dem Scheitern ist wie ein Spaziergang auf einem Seil, ohne Sicherheitsnetz. Man schwankt, man verliert das Gleichgewicht, man landet auf dem Po – aber hey, solange ich lässig aufstehe, einen Luftsprung mache und ein "Meine neueste Breakdance-Nummer!" rufe, wird keiner den Unterschied bemerken, oder?
Du lachst, du grinst, machst einen Knicks – schön die Haltung bewahren. Ungelenk stehst du da, die Menschen applaudieren dir zu deinem Fehltritt, unbemerkt, die Zitrone wähnt sich im Tequila mit Salzhäubchen, spicy. Realer (?) Trommelwirbel durchschlägt dein Gehör, Dröhnen. Die Frage: War das nun Realität oder hast du dir die Welt schöngetrunken? Trank ich überhaupt oder ist der Schwindel auf Panikattacken zurückzuführen? Und in Gottes Namen: WAS MACHE ICH HIER? Du machst weiter, wirst immer weitermachen, trotz der alles lähmenden Angst.
Ist das nicht Kunst? Du bekommst Zitronen vom Leben, machst Tequila bekanntlich daraus, vollziehst einen Drahtseilakt – zufällig – und ziehst dir noch schnell im unbemerkten Moment die Ballettschuhe an.
Eint sie uns nicht alle? Ist sie vielleicht eine Essenz der Menschlichkeit? Die Angst vor dem Scheitern, die uns zu Höchstleistungen treibt, die dich kreativ werden lässt, die dich verschlingt und wieder als neuer Mensch ausspuckt. Ein Hoch auf die Angst! Ein Hoch auf in Salz getränkte Zitronen. Aber vergiss den Tequila nicht!... Übrigens: Den gibt es auch ohne Alkohol, nur wird dann das Aufstehen viel leichter.
Eure
Rebekka